Neues Gebäude für FMO: Austragshaus Breitenried

Architektur der unmittelbaren Nachkriegszeit im Freilandmuseum Oberpfalz

Dem Freilandmuseum Oberpfalz wurde ein Holzhaus aus dem Jahre 1947 angeboten. Es ist geplant, das Gebäude im Jahr 2022 auf das Gelände des Freilandmuseums Oberpfalz zu translozieren.

Das Gebäude wurde in Breitenried, Gmd. Tiefenbach, LK Cham, im Jahr 1947 errichtet. Der eigentliche Hoferbe, der Großvater des derzeitigen Eigentümers, war nach der Rückkehr aus dem 2. Weltkrieg aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, den Hof zu übernehmen. Sein Bruder trat an seine Stelle. Am Rand der Hofstelle errichtete er eine Art Austragshäusl in einfachster Holzbauweise: „Hoiz hama selba ghabt, Stoana ned“. Der Kriegsversehrte lebte bis 1960 in diesem Haus, dessen Frau bis in die jüngste Vergangenheit.

Behelfshaus Breitenried
Behelfshaus Breitenried,Gmd. Tiefenbach, LK Cham (Foto: Freilandmuseum Oberpfalz)

In der unmittelbaren Nachkriegszeit entstanden vielerorts behelfsmäßige Wohnungen und einfachste Häuser, vor allem für Vertriebene und durch den Krieg wohnungslos Gewordene. Ein bekanntes Beispiel, allerdings eher aus dem urbanen Raum, sind die zunächst für militärische Zwecke entwickelten „Nissenhütten“, einfache Wellblechhütten in Rundbauweise, welche noch während des Krieges für Vertriebene oder Ausgebombte errichten wurden. Nach Kriegsende entstanden in vielen Städten slumartige Hüttensiedlungen, etwa in Regensburg der so genannte „Pulverturm“. Diese Bauten erzählen vom destruktiven Moment, welches durch den Krieg auf die Biographien der Menschen einwirkte.

Das „Häusl“ in Breitenried steht in diesem zeitlichen Kontext. Es zeigt, wie eine Familie auf einem Hof mit dieser Ausnahmesituation – auch mangels sozialer staatlicher Sicherungssysteme – umgegangen ist: Der vormalige Erbe bleibt „aufm Hof“ und wird hier in einem Art Austragshaus untergebracht und vom Hoferben mitversorgt.

Dieses kleine, zweiraumtiefe Holzhaus (Grundfläche 7,2m x 7,4m) wurde in Holzrahmenbauweise errichtet. Einen Stromanschluss bekam das Haus erst in den 1960ern, einen Telefonanschluss 1975 und 1981 erhielt es einen Anbau mit einer Toilette. Ein Badezimmer war nie vorhanden und die Heizung erfolgt bis in die Gegenwart ausschließlich mit einem Sparherd in der Stube/Wohnküche. Das Gebäude hat eine Schindeldeckung, später erfolgte zusätzlich eine Eindeckung mit Blech. Aufgrund seiner Einfachheit, weniger aufgrund seiner Bauform, steht das Gebäude auch in der Tradition des klassischen Waldlerhauses.

Das Haus ist aus ein aufschlussreiches Zeugnis zum einen der Not der unmittelbaren Nachkriegszeit (Baustoff- und Geldmangel), zum anderen der Biographie eines Kriegsheimkehrers. Aufgrund der derzeit noch vorhandenen Zeitzeugen und der guten Quellenlage, kann anhand dieses Gebäudes sehr gut ein Stück Nachkriegsgeschichte der Oberpfalz erzählt werden. Aufgrund seines Erhaltungszustandes und der Möglichkeit, die Inneneinrichtung aus den 1950er und 1960er Jahren vollständig zu übernehmen, wird das Gebäude den Baubestand des Museums deutlich aufwerten.

Geplanter Standort im Museumsgelände

Obgleich das Gebäude aus dem Landkreis Cham stammt und somit auch in der Baugruppe Oberpfälzer Wald einen Standort finden könnte, so sprechen eine Reihe von Gründen für eine Wiederaufbau in der Baugruppe Nabburger Straße. Da diese Baugruppe zum „Dorf des 20. Jahrhunderts“ werden soll, ist es konzeptionell sinnvoll dieses Haus dort zu errichten.

neuer Standort Behelfshaus Breitenried
Der geplante Standort am Schallerhof, Baugruppe Nabburger Straße im Freilandmuseum Oberpfalz (Foto: google/Freilandmuseum Oberpfalz)

Das Gebäude ist von seiner Bauform kein klassisches Waldlerhaus, sondern ein einfaches Holzhaus des 20. Jahrhunderts. Es passt von der Zeitstellung deutlich besser zum Schallerhof (um 1940), als zu einem der Anwesen im Oberpfälzer Wald. Zudem muss das Gebäude im Kontext eines größeren Hofes stehen, da es auch im ursprünglichen Standort Teil einer größeren Hofanlage war. Dabei sollte es im Gesamtgefüge des Hofes zwar randständig sein, jedoch gleichzeitig, wie am jetzigen Standort auch, an der Straße liegen. Auch die leichte Hanglage des ursprünglichen Standorts kann am Schallerhof rekonstruiert werden. Insofern ist der skizzierte Standort am Schallerhof der sinnvollste und soll im Zuge der Translozierung beplant werden.

Tobias Hammerl, Dr. phil., M.A., geboren 1977, leitet seit 2020 das Freilandmuseum Oberpfalz. Er studierte Volkskunde, Scottish Ethnology, Geschichte und Kunstgeschichte an den Universitäten Regensburg und Edinburgh. Von 2006 bis 2019 war er Leiter des Stadtmuseums Abensberg. Er nahm in der Vergangenheit Lehraufträge an der Universität Passau wahr und war Gastdozent an der Universität Würzburg. Derzeit ist er Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Vergleichende Kulturwissenschaft an der Universität Regensburg. Seine Forschungsschwerpunkte sind Spiel-, Bild- und Sachkulturforschung sowie museologische Themen.